Landkreis Holzminden (lbr). „Uns fehlen die Worte“ oder „Ihre Entscheidungen machen uns sprachlos“ war auf den Schildern der rund 60 Demonstranten vor der gestrigen Kreistagssitzung in Holzminden zu lesen. Schüler, Lehrer, Bewohner und Eltern aus Bodenwerder protestierten erneut für den Erhalt ihrer Schule. Doch auch diese Demonstration und eine Einwohnerfragestunde, die tatsächlich rund eine Stunde lang dauerte, stimmte die Kommunalpolitiker nicht mehr um. Der Antrag „Bildungsqualität durch Vielfalt und modernes Lernumfeld“ welcher unter anderem die Zusammenführung der Oberschulen in Bodenwerder und Stadtoldendorf in einem Neubau in Eschershausen im Jahr 2028 vorsieht, wurde mit 27 Ja-Stimmen zu zwölf Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen beschlossen. 

In Eschershausen soll als zentraler Punkt im Norden eine vierzügige Oberschule oder sogar eine IGS mit einem gymnasialen Zweig eingerichtet werden. Das Schulzentrum Nord soll spätestens zum 1. August 2028 errichtet sein. „Es wird vorausgesetzt, dass die Stadt Eschershausen dem Landkreis das erforderliche Grundstück zur Verfügung stellt und für die Erschließung des Grundstückes sorgt. Die Verwaltung wird beauftragt, entsprechende vertragliche Vereinbarungen mit der Stadt Eschershausen abzuschließen“, heißt es im Antrag der Fraktionen. Aus dem eigentlich Antrag wurde die Schließung der beiden Oberschulen in Bodenwerder und Stadtoldendorf herausgestrichen - dafür heißt es jetzt: „Die Oberschulen in Bodenwerder und Stadtoldendorf werden in der Nordschule Eschershausen zusammengeführt. Die Verwaltung wird beauftragt, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Die Schulvorstände werden in die Raumplanungen eng eingebunden.“ Zum Stichtag sollen beide Schulen im besten Falle mit ihrem Kollegium und in den bestehenden Klassenverbänden an den Standort Eschershausen in das neue Gebäude ziehen. Somit wolle man das vorzeitige Abwandern von Lehrern und Schülern verhindern, um die Bildungsqualität sowohl in Bodenwerder als auch in Stadtoldendorf bis zum Standortwechsel aufrechtzuerhalten. 

Priorität soll nun die Förderschule geistige Entwicklung erhalten, die in Bodenwerder errichtet werden soll. „Die hier bereits bestehende Außenstelle wird durch Module auf den Bedarf von ca. 60 Plätzen erweitert. Durch die Wahl des Standortes und die weitere Nutzung des Kreisgebäudes am Kälbertal wird die schnellst- und bestmögliche Umsetzung erreicht. Der ungenutzte Sportplatz bietet ausreichend Außenfläche“, heißt es im Antrag. 

Die Oberschule Holzminden soll zudem zu einer vierzügigen Oberschule mit Option auf eine IGS erweitert werden. „Der Stadt Holzminden wird angeboten, die Umsetzung des Anbaus zusammen mit der geplanten Grundschule in Modulbauweise umzusetzen“, heißt es.

Die Oberschule in Delligsen soll auf Grundlage des beschlossenen Raumkonzeptes erstellt werden und auch hier soll die Modulbauweise einbezogen werden. 

In der Einwohnerfragestunde vor dem Beschluss wurden zahlreiche Fragen gestellt und viel diskutiert. Besonders viel Unmut gab es über die Fahrzeiten, die viele Schüler durch die Zusammenlegung haben werden. Außerdem gab es keinerlei Verständnis, warum ein Neubau finanziell besser sei, als eine Sanierung der besehenden Gebäude. Zudem würde Bodenwerder durch den Wegfall der Schule wirtschaftlich betrachtet „platt gemacht“. Mehrmals wurde plädiert, dass die Stadtoldendorfer und Bodenwerderaner nicht nach Eschershausen fahren würden und somit die Abwanderung in Nachbarlandkreise noch größer werden würde als sie ohne hin schon sei. Die Politik setzt hingegen auf eine moderne, große Schule mit differenzierten Angebot und einem gymnasialen Zweig, als Magnet in den Randgebieten. 

Der Antrag, der vor wenigen Wochen im Kreistag einstimmig Zuspruch bekam, sorgte nun für Uneinigkeit zwischen den Mandatsträgern. Die Mitglieder aus Stadtoldendorf und der Samtgemeinde Bodenwerder-Polle sprachen sich gegen den Antrag aus. „Wie steht es um die Stadt Eschershausen?“, fragte Friedel Lages (SPD). Auch Helmut Affelt (CDU) schloss sich dieser Frage an: „Kann Eschershausen die Millionen überhaupt auf den Tisch legen? Es bleibt spannend.“ Tanya Warnecke (CDU) kritisierte den jahrzehntelangen Investitionsstau, durch den die Abwanderung in andere Landkreise erst so schlimm geworden sei. Zudem sprach sie den Landrat Michael Schünemann direkt an, der sich in der Einwohnerfragestunde zurückhielt und fragte: „Was ist ihre Aufgabe? Wo waren Sie?“  Peter Ruhwedel (Grüne) sprach sich für den Antrag aus: „Einen Stillstand können wir uns aktuell nicht leisten. Wir brauchen aber Schulen mit einer bestimmten Größe, um mehr Bildungsqualität zu schaffen und eine Chancengleichheit zu erzeugen. Hoffentlich schaffen wir es, Ängste zu zerstören und das Kirchtumdenken zu überwinden.“ Uwe Schünemann (CDU) sprach erneut von einer historischen Stunde und versicherte, dass die Bildungsqualität durch die Zusammenlegung der beiden Schule verbessert und weiterentwickelt wird. „Es geht also nur um den Standort und natürlich will jeder eine Schule an seinem Wohnort haben, doch das geht nun mal nicht“, sagte er abschließend. 

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